Die Zeit
Die Zeit ist kurz. Sie reichte gestern nicht und reicht
nicht morgen. Und – was das Schlimmste ist – man kann sie sich nicht
borgen wie etwa Geld, das doch auch niemals reicht. Doch, Zeit ist
Geld, das hat man mir gepredigt. Wer seine Zeit nicht nutzt, der ist
auf lange Sicht total erledigt.
Die Zeit vergeht. Ich lauf ihr hinterher, und spätestens
am Nachmittag, so gegen vier, da kann ich dann nicht mehr. Ich halte inne
und verweile und frage mich, warum bin ich nur ständig so in Eile? Warum
läuft sie mir fort, die Zeit, warum bleibt sie nicht stehen, damit ich mit
ihr gleich ziehn kann und dann gemächlich weiter gehen?
Na gut. Zeit ist zwar kurz, doch wie steht’s mit der
Breite? Wenn ich es recht bedenke, erschließt sich da nicht ungeahnte
Weite? Ich könnte sie vielleicht noch besser füllen, die Zeit ganz einfach
vorteilhafter nutzen und könnte mir mit etwas gutem Willen bei abendlichen
Telefongesprächen gleichzeitig schon die Zähne putzen.
Das Frühstücken im Auto ist mit genügend Übung recht
bequem, und wenn ich dabei meine Morgenzeitung lese, so sind die Blicke
anderer Verkehrsteilnehmer zwar nicht angenehm, doch nur ihr Hupen macht
mich wirklich böse.
Auf meine Mittagspause könnt ich ganz verzichten, um dafür
kurz ins Fitnessstudio zu gehn. Wenn ich nichts esse und stattdessen turne
mit Gewichten, dann dürften mir in gut vier Wochen auch Miniröcke wieder
stehn.
Ich könnte von den vier, fünf Stunden, die ich nachts
schlafe, noch zwei streichen, könnte dafür strikt meditieren, um meine
Seele auszugleichen.
Hör ich da Lachen? Oh, es ist die Zeit. Sie sagt, ich
irre mich, sie sei nicht kurz und auch nicht breit. Sie sei
jetzt hier, in diesem Augenblick und
dass ich weder vorwärts schauen solle noch zurück. Sie sagt, das Glück
liegt im Moment und dass ihr jeder leid tut, der dies Glück nicht kennt.